Worum es geht: 1,8-Cineol (C10H18O), als Eucalyptol vielleicht besser bekannt, ist ein bicyclisches Epoxy-Monoterpen, das als pflanzliches Therapeutikum seiner schleimlösenden, antimikrobiellen und entzündungshemmenden Eigenschaften wegen zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen eingesetzt wird. In Reinform findet Cineol Einsatz in der Therapie entzündlicher Atemwegserkrankungen und Erkältungen. Seine Wirksamkeit bei der Behandlung von Bronchitis und Sinusitis gilt als belegt. Die Wissenschaft weiß um das antimikrobielle, antivirale und zytotoxische Potenzial von 1,8-Cineol. Bekannt ist auch, dass sich die Substanz nach oraler Verabreichung fast überall im menschlichen Körper ausbreitet. Allerdings war bislang nicht klar, wie Cineol im Organismus wirkt, also ob das Immunsystem stimuliert oder moduliert wird oder unmittelbar am Ort der Entzündung. Durchblick und Erkenntnisgewinn sollte eine Studie schaffen. Hierbei spielten die GC/MS-Analytik verbunden mit der Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE) mit dem GERSTEL-Twister sowie des ThermalDesorptionSystems (GERSTEL-TDU) und des GERSTEL-KaltAufgabeSystems (KAS) eine zentrale Rolle.  

Die Studie: „Bestimmung von oral verabreichtem 1,8-Cineol im Nasenpolypengewebe von Patienten mit chronischer Rhinosinusitis mittels Gaschromatographie und Massenspektrometrie“. Daran beteiligt waren das Universitätskrankenhaus Schleswig-Holstein, die Klosterfrau Healthcare Group und das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und angewandte Ökologie (IME) in nordrhein-westfälisches Schmallenberg.  

Die Aufgabe: 1,8-Cineol im Zielgebiet, sprich einem Homogenisat aus chirurgisch entfernten entzündlichen Nasenpolypengewebe bestimmen. 

Die Probe: Nach der Operation wurden Gewebehomogenate der entfernten Nasenpolypen in Glasfläschchen in eisgekühlter phosphatgepufferter Kochsalzlösung hergestellt und bei trockeneisgekühlten -80 °C zur Analyse gegeben. Die Proben wurden bei 4 °C aufgetaut, auf Raumtemperatur gebracht, homogenisiert, aliquotiert und mit destilliertem Wasser auf ein Gesamtvolumen von 4 mL gebracht.  

Die Extraktion: Für die Extraktion von 1,8-Cineol und 1,4-Cineol (Interner Standard) kam die Stir Bar Sorptive Extraction (SBSE) mit dem PDMS-Twister zum Einsatz.  

Die Probenaufgabe: Die temperaturprogrammierte Thermodesorption erfolgte im GERSTEL-TDU automatisiert unter Einsatz des GERSTEL-MultiPurposeSamplers (MPS). Die Analyten wurde im GERSTEL-KAS kryofokussiert und temperaturprogrammiert auf die Trennsäule des GC überführt.  

Die Analyse: Verwendeten wurde ein GC/MS-System von Agilent Technologies (Modell GC 6890N/5973 MSD). Helium diente als Trägergas. Die Elektronenionisation (EI) bei 70 eV erfolgte bei einer Quellentemperatur von 230 °C. Als Bestimmungsmodus wurde die selektive Ionenüberwachung (SIM) gewählt. Gemessen wurden die Massensignale m/z 154 (Quantifizierung) und m/z 108 als Qualifikator für 1,8-Cineol, ebenso die Massensignale für 1,4-Cineol m/z 111 (Quantifizierung) respektive m/z 154 (Qualifizierung). Die Temperatur des MS-Quadrupols betrug 150 °C, die Dauer der Lösungsmittelverzögerung vier Minuten, und die der Signalerfassung zehn Minuten. 

Das Ergebnis: Die Methode wurde gemäß Selektivität, Wiederfindung und Reproduzierbarkeit validiert. Als Bestimmungsgrenze (LOQ) wurde 0,1 ng pro aus Zelllysat extrahierter Probe bestimmt, unabhängig vom Probenvolumen oder der Probenmasse; die Nachweisgrenze (LOD) wurde auf 0,05 ng/Probe (LOQ) festgelegt. Kalibriert wurde über einen Konzentrationsbereich von 0,05 bis 5 ng/Probe. Die Reproduzierbarkeit (LOQ) wurde von MacKenzie et al. anhand der Messung von sechs Einzelproben überprüft. Die mittlere Ausbeute betrug 102 % mit einer relativen Standardabweichung von 2,7 %. Drei Blindproben (Wasser) und drei Proben (Zelllysat) wurden analysiert, um die Spezifität der Methode sicherzustellen. Keine der Leerproben wies eine Konzentration oberhalb des LOD auf. Weitere matrixhaltige Proben wurden mit 0,1 ng, 1,0 ng und 4,0 ng je Probe in dreifacher Ausführung angereichert. Die durchschnittlichen Rückgewinnungsraten betrugen 121 % mit einer relativen Standardabweichung (RSD) von 9,09 % respektive 107 % mit einer RSD von 4,12 % sowie 98,7 % mit einer RSD von 0,181 %.  

Die Interpretation: Um zu belegen, dass oral verabreichtes 1,8-Cineol in der Nase ankommt, wurden Polypen von 30 Chronische Rhinosinusitis-Patienten mit Nasenpolypen (CRSwNP-Patienten) operativ entfernt und mittels GC/MS analysiert. 15 Patienten davon hatten zuvor über einen Zeitraum von 14 Tagen ein Cineol-Präparat verabreicht bekommen. Ergebnis der Untersuchung: 1,8-Cineol war in Gewebeproben von Nasenpolypen eindeutig nachweisbar, unabhängig vom individuellen Körpergewicht oder den BMI-Werten der Patienten. Die orale Verabreichung von 1,8-Cineol-haltigen Arzneimitteln hatte, unabhängig von individuellen, durchaus erklärbaren Abweichungen, in elf von 15 Proben zu signifikant erhöhten 1,8-Cineol-Konzentrationen (oberhalb des LOQ) in den Nasenpolypen geführt, was eine Grundlage für eine mögliche lokale therapeutische Wirkung darstelle, schreiben MacKenzie et al. 

Die Überraschung: Auch in den Proben von drei Personen aus der Kontrollgruppe wurde Cineol in Mengen oberhalb des LOQ bestimmt. Nachfragen in den Kontrollgruppen lassen die Forschenden mutmaßen, dass die erhöhen 1,8-Cineol-Werte daher rührten, dass die betroffenen Personen Monoterpen-haltige Kräuter im Essen, in Form von Tees oder über Inhalationen aufgenommen und im Nasengewebe angereichert hatten.  

Das Fazit: Während ein leichter Schnupfen schneller abzuheilen vermag, wird in der heimischen Küche zubereiteter Cineol-haltiger Salbei- oder Pfefferminztee getrunken, darf im Falle schwerwiegender Erkrankungen wie einer CRSwNP nicht damit gerechnet werden. Die Behandlung dieser Erkrankung erfordere den Einsatz hochdosierter 1,8-Cineol-Präparate im Rahmen einer ärztlich begleiten Phytotherapie. Ihre Studie, schreiben MacKenzie et al., erweitere das Verständnis der systemischen Auswirkung von 1,8-Cineol auf dessen Anwendung im Therapiefall und damit seinen Nutzen für die Patientenschaft. Individuelle Unterschiede bei den jeweils ermittelten Konzentrationen müssen in Bezug auf metabolische Unterschiede von Mensch zu Mensch weiter untersucht werden. 

Referenz 

MacKenzie et al. (2023), Determination of orally administered 1,8‑Cineol in nasal polyp tissues from chronic rhinosinusitis patients using gas chromatography: mass spectrometry, Scientific Reports 13:3605, https://doi.org/10.1038/s41598-023-29941-x 

 

 

 

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